Grohé, Ludwig

Ludwig Grohé
* 30.04.1900 in Gemünden
† 03.07.1994 in Gemünden
Vater: Friedrich Jakob Grohé (Kaufmann und Landwirt)
Mutter: Maria Anna, geb. Ostien

Biografie

Nach seiner Schulausbildung war der am 30. April 1900 geborene Ludwig Grohé in der Landwirtschaft und in einer Kohlenhandlung tätig. Im Ersten Weltkrieg musste er noch ein halbes Jahr lang zum Militärdienst einrücken. Nach dem Krieg arbeitete Grohé zwei Jahre bei den Völklinger Eisen- und Stahlwerken, danach weitere zwei Jahre beim Bau der Eisenbahnstrecke Simmern-Gemünden. Schon 1922/1923 war er Mitglied der „deutschvölkischen Bewegung“. An seinem 30. Geburtstag ehelichte er Maria Peitz aus Gemünden, die allerdings aus ihrer offenen Ablehnung der politischen Ausrichtung ihres Mannes nie einen Hehl machte; wahrscheinlich hat nur das hohe Parteiamt ihres Schwagers Josef Grohé sie vor drohenden Verfolgungsmaßnahmen bewahrt.

Während der allmählichen Ausbreitung der NS-Bewegung im Hunsrück, als die Parteistrukturen erst langsam Gestalt annahmen, amtierte der bei den Quarzitwerken in Gemünden beschäftigte Kaufmannssohn Ludwig Grohé von 1928 bis Herbst 1930 als deren Kommissarischer Kreisleiter. Unter der Mitgliedsnummer 106819 am 1. November 1928 in die Hitler-Partei eingetreten, wurde der überzeugte Nationalsozialist recht schnell zum gefragten Parteiredner. Kurz darauf schaffte Grohé einen Lastwagen an, machte sich beruflich selbstständig und tätigte Lohnfuhren, unter anderem für die Kirchberger Molkerei.

Ludwig Grohé entstammte einer vielköpfigen Familie. Die Eltern Fritz und Anna bekamen insgesamt fünfzehn Mal Nachwuchs, drei Kinder starben bei der Geburt. Ludwig hatte fünf Brüder und sechs Schwestern, er selbst war siebter Sprössling. Mindestens drei der sechs Grohé-Buben begeisterten sich in der NS-Hochburg Gemünden für die neue „Weltanschauung“: Josef machte eine steile Parteikarriere bis zum Gauleiter von Köln-Aachen und Johann war in zwei Zeitabschnitten Ortsgruppenleiter in Gemünden. Für Ludwig war die kommissarische Kreisleitung nur eine von mehreren Betätigungsfeldern: Im November 1933 wird er als Gemeindevorsteher seines Heimatortes geführt. Von Mai 1934 bis Februar 1935 hatte er die Position des DAF-Kreiswalters in St. Goar inne. Ab 1. März 1935 tauschte er dieses Amt mit dem in Simmern tätigen Otto Schmidt.

Der neue Simmerner Kreiswalter der „Deutschen Arbeitsfront“ scheint ein populistischer Parteiredner gewesen zu sein. Es verging kaum eine Woche, in der die heimische Presse nicht über einen oder mehrere Auftritte berichtete – so beispielsweise im April und Mai 1936: Vom 16. bis 30. April sprach Ludwig Grohé viermal auf DAF-Lagerschulungen. Anlässlich örtlicher Mitgliederversammlungen seiner Organisation im Mai war der Kreiswalter sieben Mal im Einsatz.

Im Herbst 1941 wurde Grohé von der NS-Presse als dienstältester Mitarbeiter im Kreis gewürdigt. Zu diesem Zeitpunkt hatte er seine Simmerner Tätigkeit bereits auf- bzw. kommissarisch an Bruder Johann Grohé weitergegeben: Er selbst war im Sommer 1940 zur Wehrmacht eingezogen und schon wenige Wochen später zum Gefreiten befördert worden. Mitte November des gleichen Jahres erhielt der frühere Simmerner Kreiswalter eine neue Aufgabe im besetzten Luxemburg: Zunächst Stabsmitarbeiter im Kreis Esch, übernahm er als Kreisobmann bald darauf die Leitung der dortigen DAF. In Luxemburg blieb Ludwig Grohé bis kurz vor Kriegsende. Auf Grund seiner politischen Stellung kam er 1945 ins Kriegsgefangenenlager Bretzenheim, wo er einige schwere Monate verbrachte. Wieder nach Gemünden zurückgekehrt, übernahm der mittlerweile 46-jährige das elterliche Geschäft.

Rückblickend erinnert sich einer seiner Schwiegersöhne: „Er war wirklich für die Arbeiter da, das war ein deutlicher Unterschied zu den Fanatikern im Dritten Reich“. Darauf deutet auch hin, dass Grohé lange nach seinem Engagement im Dienste der braunen Diktatur noch einmal in die Politik zurückkehrte. Von 1969 bis 1984 war er Mitglied des Gemeinderates in seinem Heimatort, davon fünf Jahre als Ortsbürgermeister (1969-1974). Er erhielt sich eine erstaunlich gute körperliche und geistige Konstitution bis ins hohe Alter und starb mit 94 Jahren am 3. Juli 1994. Auf dem Gemündener Friedhof fand Ludwig Grohé seine letzte Ruhestätte.

Literatur

  • Bundesarchiv / Ordner „Oberstes Parteigericht/Richter“ (ehemals BDC).
  • Bundesarchiv / Ordner „Parteikorrespondenz“ (ehemals BDC)
  • Erinnerungen des Autors Dieter Diether an viele persönliche Gespräche mit Ludwig Grohé.
  • Hunsrücker Zeitung vom 7.11.1933, 1.3.1935, 31.3.1936, 17.4.1936, 16.9.1940, Nationalblatt vom 28.10.1941.
  • Erinnerungen von Hans Kühnreich im Jahr 2000.

Dieter Diether, Rheinböllen
Heft 150 | Stand: 07/2012